Eines der größten Probleme bei der schweißtechnischen Verarbeitung von hochfesten Feinkornstählen stellt der Kaltriß dar. Im allgemeinen ist die Kaltrißneigung von mikrolegierten Feinkornstählen gering [1]. Sind jedoch höhere Kohlenstoffgehalte vorhanden, kann es zu wasserstoffbegünstigten Kaltrissen in der Wärmeeinflußzone kommen. Da neben dem Kohlenstoff auch noch andere Legierungselemente den Kaltriß begünstigen, werden zur Abschätzung der Rißempfindlichkeit häufig Kohlenstoffäquivalente herangezogen. Es existieren zahlreiche Formeln zur Beschreibung des Kohlenstoffäquivalentes, bei denen die einzelnen Legierungselemente unterschiedlich gewichtet werden.
Das Kohlenstoffäquivalent kann somit allgemein als ein Maß für die Neigung eines Werkstoffes zur Kaltrißbildung in Abhängigkeit von seiner chemischen Zusammensetzung verstanden werden. Es dient darüber hinaus als Grundlage für die Berechnung der Mindestvorwärmtemperatur Tp sowie der Abkühlzeit t8/5, die notwendig sind, um eine Kaltrißbildung nach Abkühlen der Schweißnaht ausschließen zu können. 

Das Kaltrißverhalten von Schweißverbindungen ist hauptsächlich von den in nebenstehender Tabelle angegebenen Einflußgrößen abhängig [2].

Einflußgrößen für das Kaltrißverhalten von Stählen 

  • Chemische Zusammensetzung 
  • Werkstückdicke im Nahtbereich 
  • Wasserstoffgehalt des Schweißgutes 
  • Wärmeeinbringung beim Schweißen 
  • Eigenspannungsniveau der Konstruktion 
  • Vorwärmtemperatur/Zwischenlagentemperatur 

Der Einfluß der chemischen Zusammensetzung auf das Kaltrißverhalten von Stählen läßt sich dabei durch das Kohlenstoffäquivalent CET ausreichend genau beschreiben. 
Es ergeben sich Grenzwerte, bis zu deren Dicke Stahlbleche mit entsprechender chemischer Zusammensetzung ohne Vorwärmen geschweißt werden können, wenn übliche Schweißbedingungen angewendet werden und ein günstiger Eigenspannungszustand vorliegt [3].

Kohlenstoffäquivalent CET [%] max. Blechdicke ohne Vorwärmen [mm]
0,18 60
0,22 50
0,26 40
0,31 30
0,34 20
0,38 12
0,40 8

Dabei ist zu beachten, daß sich die zulässige Blechdicke nur dann nach dem Kohlenstoffäquivalent des Grundwerkstoffes richtet, wenn das Kohlenstoffäquivalent des Schweißgutes um mindestens 0,03 % niedriger ist als das des Grundwerkstoffes. Andernfalls wird das um einen Sicherheitszuschlag von 0,03 % erhöhte Kohlenstoffäquivalent des Schweißgutes zur Feststellung der zulässigen Blechdicke herangezogen. 

CET

Das Kohlenstoffäquivalent CET wurde 1991 von Uwer und Höhne formuliert [4] und stellt das z.Z. umfassendste Kohlenstoffäquivalent zur Vermeidung von Kaltrissen dar. Der Gültigkeitsbereich bezieht sich auf die auf der Eingabeseite in Klammern angegebenen zulässigen Spannweiten der einzelnen Legierungselemente [5].

Formel: 

CET = C + (Mn + Mo)/10 + (Cr + Cu)/20 + Ni/40 

CE

Das Kohlenstoffäquivalent CE geht auf eine vor mehr als 20 Jahre erschienene Veröffentlichung des International Institute of Welding (IIW) zurück [6]. Es basiert in erster Linie auf Härtemessungen und wurde unter der Annahme abgeleitet, daß Legierungselemente, die zum Aufhärten beitragen, in gleichem Maß die Kaltrißneigung fördern. Da das Kohlenstoffäquivalent CE, im Vergleich zu neueren Kohlenstoffäquivalenten, den Effekt des Kohlenstoffs stark unterbewertet, eignet es sich weniger für die Behandlung von Kaltrißproblemen als neuere Modelle [4]. Es ist insbesondere im Bereich kurzer Abkühlzeiten nicht geeignet.

Formel: 

CE = C + Mn/6 + (Cr + Mo + V)/5 + (Cu + Ni)/15 

PCM

Das Kohlenstoffäquivalent PCM beruht auf japanischen Ergebnissen von Ito und Bessyo aus dem Jahr 1969 [7]. Es ist für kurze Abkühlzeiten und Wurzelschweißungen einsetzbar [8].

Formel: 

PCM = C + Si/30 + (Mn + Cu + Cr)/20 + Mo/15 + Ni/60 + V/10 + 5*B 

CEM

Das Kohlenstoffäquivalent CEM ist nur unter den sehr eingeschränkten Bedingungen des kurzen Abkühlzeitbereiches (2 bis 6 s) und des engen Gültigskeitsbereiches der chemischen Zusammensetzung (C: 0,02 - 0,22, Si: 0,00 - 0,50, Mn: 0,40 - 2,10, Cu: 0,00 - 0,60, Cr: 0,00 - 0,50, Ni: 0,00 - 3,50, Mo: 0,00 - 0,50, V: 0,00 -0,10) nutzbar [8].

Formel: 

CEM = C + Si/25 + (Mn + Cu)/20 + (Cr + V)/10 + Mo/15 + Ni/40 

CEN

Das in Japan entwickelte Kohlenstoffäquivalent CEN stellt eine rein mathematische Kombination der Kohlenstoffäquivalente CE und PCM dar [9]. Zur Beschreibung des Kaltrißverhaltens ist es jedoch nicht besser geeignet als die zugrundeliegenden Kohlenstoffäquivalente CE bzw. PCM.

Formel:

CEN = C + (0,75 + 0,25*tanh(20*(C - 0,12))) * (Si/24 + Mn/6 + Cu/15 + Ni/20 + (Cr + Mo + V + Nb)/5 + 5*B)  

Schrifttum

[1] Dilthey, U.:
Schweißtechnische Fertigungsverfahren Band 2, Verhalten der Werkstoffe beim Schweißen, 2. Auflage, 1995, VDI Verlag, Düsseldorf 
[2] Uwer, D. und Wegmann, H.:
Anwendung des Kohlenstoffäquivalents CET zur Berechnung von Mindestvorwärmtemperaturen für das kaltrißsichere Schweißen von Baustählen, DVS-Jahrbuch Schweißtechnik 96, Deutscher Verband für Schweißtechnik, S. 46 - 55 
[3] Stahl-Eisen-Werkstoffblatt 088:
Schweißgeeignete Feinkornbaustähle, Richtlinien für die Verarbeitung, besonders für das Schweißen, 4. Ausgabe, April 1993, Verlag Stahleisen, Düsseldorf 
[4] Uwer, D. und Höhne, H.:
Charakterisierung des Kaltrißverhaltens von Stählen beim Schweißen. Schweißen und Schneiden 43 (1991), Heft 4, S. 195 - 199 
[5] Uwer, D. und Höhne, H.:
Ermittlung angemessener Mindestvorwärmtemperaturen für das kaltrißsichere Schweißen von Stählen. Schweißen und Schneiden 43 (1991), Heft 5, S. 282 - 286 
[6] Technical Report 1967, IIW Doc. IX-535-67 
[7] Ito, Y. und Bessyo, K.: 
Weldability Formula of High Steels, Related to Heat-Affected Zone Cracking, Sumintomo Search, 1 (1969), H. 5, p. 59 -70 
[8] Düren, C.: 
Konzepte zur Bewertung des Kaltrißverhaltens von Stählen - Beispiele im Bereich der Großrohrstähle, 3R international, 28. Jahrgang, Juli 1989, Heft 6, S. 385 - 391 
[9] Yurioka, N. et. al.: 
Study on Carbon Equivalents to Asses Cold Cracking Tendency and Hardness in Steel Welding, Australian Weld. Res. Ass. Melboure 19. - 20.03.81, Paper 10, p. 1 - 18